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10. Kapitel
Zweite Betrachtung: Unser Ziel.
Vorbereitung: Versetze dich in Gottes Gegenwart. Bitte, dass er dich erleuchte.
Erwägungen: 1. Gott hat dich in das Leben gerufen, nicht etwa weil er dich gebraucht hätte; du kannst ihm doch nichts nützen. Er hat dich geschaffen, einzig um an dir durch das Geschenk seiner Gnade und seines Reichtums seine Güte zu betätigen. Deshalb gab er dir den Verstand, ihn zu erkennen; das Gedächtnis, dich seiner zu erinnern; den Willen, ihn zu lieben; die Phantasie, seine Wohltaten dir vorzustellen; die Augen, seine wunderbaren Werke zu sehen; die Zunge, ihn zu preisen; deshalb gab er dir auch all die anderen Fähigkeiten.
2. In dieser Absicht bist du erschaffen und zur Welt gekommen; darum musst du alles verwerfen und meiden, was ihr widerspricht, als nichtig und überflüssig betrachten, was ihr nicht dient.
3. Wie unglücklich sind doch irdisch gesinnte Menschen, die daran nicht denken, sondern so leben, als wären sie nur auf der Welt, um Häuser zu bauen, Bäume zu pflanzen, Reichtümer aufzuhäufen und Kindereien zu treiben.
Affekte und Entschlüsse: 1. Schäme dich deiner Armseligkeit, da du bisher so wenig oder überhaupt nicht an dies gedacht hast. Sprich: Mein Gott, woran dachte ich denn, da ich Deiner nicht gedachte? Was erfüllte mein Gedächtnis, da ich Deiner vergaß? Was liebte ich, da ich Dich nicht liebte? Ach, ich sollte mich sättigen an der Wahrheit, und ich habe mich mit eitlen Dingen voll gestopft! Ich diente der Welt, die doch auch nur Dir zu dienen bestimmt ist.
2. Verabscheue dein vergangenes Leben: Ich verzichte auf euch, eitle Gedanken, nutzlose Pläne; ich will nichts mehr von euch wissen, ihr abscheulichen und frivolen Erinnerungen; ich verzichte auf euch, ihr Freundschaften ohne Treue, bedauerliche Nachgiebigkeiten.
3. Bekehre dich zu Gott: Mein Gott und Heiland, Du allein sollst in Zukunft der Gegenstand meines Denkens sein. Nie mehr will ich meinen Geist Gedanken zuwenden, die Dir missfallen. Mein Gedächtnis soll alle Tage meines Lebens Deiner großen Güte gedenken, die Du mir so liebevoll erwiesen hast. Du sollst die Freude meines Herzens sein, die Wonne meiner Liebe. – Ein Gräuel sollen mir in Zukunft die erbärmlichen Freuden sein, an denen ich hing, jene Dir missfälligen Handlungen, die meine Tage ausfüllten, diese Liebe, die mein Herz gefangen hielt. Dafür werde ich diese und jene bestimmten Heilmittel anwenden.
Schluss: 1. Danke Gott, der dich für dieses erhabene Ziel erschaffen hat: Herr, für Dich hast Du mich erschaffen, damit ich mich ewig Deiner unendlichen Herrlichkeit erfreue. Wann werde ich mich dessen würdig erweisen? Wann werde ich Dich so preisen, wie es meine Pflicht ist?
2. Aufopferung: Mein Schöpfer, ich opfere Dir alle Regungen meines Herzens und alle Entschlüsse auf mitsamt meiner Seele und meinem Herzen.
3. Bitte: Ich bitte Dich, mein Gott, nimm diese Wünsche und Entschlüsse wohlgefällig auf. Segne mich, dass ich diese Vorsätze ausführe, durch die Verdienste des kostbaren Blutes Christi, das er am Kreuz vergossen hat.
Winde dir einen kleinen Blumenstrauß frommer Gedanken.
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