Verschiedene Ratschläge, um die Seele durch das Gebet und die Sakramente zu Gott zu erheben
Zweiter Teil
     
 

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13. Kapitel
Stoßgebete und fromme Gedanken.

Man zieht sich zu Gott zurück, wenn man sich zu ihm erhebt; und man erhebt sich zu ihm, um sich in ihn zurückzuziehen. So sind die Erhebungen zu Gott und das Zurückziehen in die geistige Einsamkeit eng miteinander verbunden; beide entspringen frommen Erwägungen.
Erhebe dich also oft zu Gott durch kurze, feurige Herzensgebete. Bewundere seine Schönheit, bitte ihn um Hilfe, wirf dich im Geiste am Fuß des Kreuzes nieder, bete seine Güte an, befrage ihn oft über dein Seelenheil, schenke ihm deine Seele von neuem, richte deine Augen auf seine Liebe. Reiche ihm die Hand, wie ein Kind dem Vater, dass er dich führe; lege ihn auf dein Herz wie einen Blumenstrauß; richte ihn in deiner Seele auf wie eine Standarte und halte dein Herz in Bewegung, so gut du nur kannst, damit du ihm die Liebe zu Gott einflößen und eine lebhafte, zärtliche Liebe zum göttlichen Bräutigam in ihm zu wecken vermagst.
In solcher Weise übe die Stoßgebete, die der große hl. Augustinus so eindringlich der frommen Frau Proba empfahl. Wenn unser Geist ständig vertraulich und innig mit Gott verkehrt, dann wird er ganz vom Duft göttlicher Vollkommenheit durchdrungen werden.
Diese Übung ist bestimmt nicht schwer. Man kann sie in alle Arbeiten und Beschäftigungen einflechten, ohne diesen irgendwie zu schaden; denn wie bei der geistlichen Einsamkeit wendet man sich bei diesen Stoßgebeten nur kurz von seiner Arbeit ab; sie wird dadurch nicht gestört, sondern vielmehr gefördert. Der Wanderer bleibt wohl einen Augenblick stehen, wenn er einen Schluck Wein nimmt, um Herz und Mund zu erfrischen; dadurch unterbricht er aber keineswegs seine Reise, sondern holt sich nur Kraft, um rascher und besser ausschreiten zu können.
Manche haben eine Anzahl von Stoßgebeten gesammelt, die sehr nützlich sind. Wenn ich dir aber einen Rat geben darf, so lege dich nicht auf bestimmte Worte fest, sondern sprich im Herzen oder mit dem Mund diejenigen aus, die dir im Augenblick die Liebe eingibt. Sie wird dich die richtigen Worte finden lassen. Allerdings haben gewisse Worte eine besondere Eignung, das Herz zu stärken, so die häufigen Ausrufe in den Psalmen Davids, die verschiedenen Anrufungen des heiligen Namens Jesu, die Liebesworte des Hoheliedes. Auch geistliche Lieder können dazu dienen, wenn du sie andächtig singst.
Wer von menschlicher, natürlicher Liebe erfasst ist, hat seine Gedanken fast immer beim Gegenstand seiner Liebe, sein Herz strömt über von Zärtlichkeit gegen ihn und sein Mund ist voll des Lobes für ihn; ist das geliebte Wesen fern, so versäumt er keine Gelegenheit, seiner Neigung durch Briefe Ausdruck zu geben, er sieht keinen Baum, ohne in dessen Rinde den Namen des Geliebten zu schneiden. So können auch jene, die Gott lieben, nicht aufhören, an ihn zu denken, für ihn zu atmen, nach ihm zu streben, von ihm zu sprechen; sie möchten den hochheiligen Namen Jesus nach Möglichkeit in die Herzen aller Menschen schreiben. Alles dient ihnen als Anregung dazu; es gibt kein Geschöpf, das ihnen nicht das Lob des Geliebten verkündet. Wie Augustinus nach einem Wort des hl. Antonius sagt, spricht alles auf der Welt eine stumme, aber sehr verständliche Sprache im Dienste ihrer Liebe. Alles regt sie zu guten Gedanken an, die wieder eine Erhebung zu Gott zur Folge haben.
Dafür einige Beispiele: Der hl. Gregor von Nazianz – er erzählte es selbst in einer Predigt – ging eines Tages am Meeresufer auf und ab; da sah er, wie die Wellen Muscheln, Pflanzen, kleine Austern und ähnliches anschwemmten, was das Meer ausstieß, sozusagen ausspie. Dann kamen andere Wellen und schwemmten einiges davon wieder ins Meer zurück; die Felsen ringsum aber blieben fest und unbeweglich, so sehr auch die Wellen dagegen brandeten. Darüber kam ihm der schöne Gedanke, dass schwache Menschen gleich Muscheln und entwurzelten Pflanzen sich bald zur Traurigkeit, bald zur Freude hinreißen lassen, hin- und hergespült von den Wellen und Wogen des Schicksals; die Mutigen aber bleiben fest und unbeweglich in allen Stürmen. Von diesem Gedanken ausgehend betete er mit David: „Herr, rette mich, denn die Wasser sind bis in meine Seele gedrungen. Herr, rette mich vor den tiefen Wassern. Ich werde auf die hohe See hinausgetrieben, der Sturm hat mich zum Sinken gebracht“ (Ps 69,2; 16,3). – Er war ja damals in schwerer Bedrängnis, weil Maximus sich seinen Bischofssitz widerrechtlich angeeignet hatte.
Der heilige Bischof Fulgentius von Ruspe befand sich in einer großen Versammlung des römischen Adels, die der Gotenkönig Theoderich einberufen hatte; da er die Pracht dieser Versammlung sah, rief er aus: „Mein Gott, wie schön muss das himmlische Jerusalem sein, da schon das irdische Rom solchen Pomp entfaltet! Und wenn in dieser Welt so viel Pracht denen gelassen ist, die die Eitelkeit lieben, wie viel Herrlichkeit wird in der anderen Welt jenen zuteil werden, die die Wahrheit schauen!“
Es heißt, der heilige Erzbischof Anselm von Canterbury, auf dessen Abstammung unser Bergland so stolz ist, habe es vorzüglich verstanden, solche guten Gedanken zu erwecken. Ein Hase, der von den Hunden verfolgt wurde, flüchtete unter das Pferd des heiligen Bischofs, das ihm eine Zuflucht in drohender Todesgefahr erschien. Die Hunde umstanden kläffend das Pferd, wagten aber das Asyl nicht zu verletzen, in das ihre Beute sich geflüchtet hatte. Alle lachten über das merkwürdige Schauspiel, während der Heilige unter Tränen sagte: „Ihr lacht, das arme Tier aber lacht nicht. Die Feinde der Seele, die sie auf ihren Irrwegen durch Sünden verfolgt und gepeinigt haben, harren ihrer am Engpass des Todes, um sie wegzuraffen und zu verderben. Voll Schrecken sucht sie überall nach einer Hilfe und einem Asyl, findet sie aber nicht, während die Feinde über sie lachen und spotten.“
Konstantin der Große schrieb an den hl. Antonius einen ehrenden Brief. Darüber waren seine Ordensbrüder sehr erstaunt; er aber sagte ihnen: „Ihr wundert euch, dass ein König einem Menschen schreibt? Wundert euch doch eher darüber, dass der ewige Gott sein Gesetz den Sterblichen geschrieben und sogar mit ihnen in der Person seines Sohnes gesprochen hat.“
Der hl. Franz von Assisi sah ein Schaf in einer Herde von Böcken. „Seht doch“, sagte er zu seinen Begleitern, „ebenso sanft wie dieses Schäflein inmitten der Böcke, so mild und demütig wandelte der Herr inmitten der Pharisäer.“ Ein andermal sah er, wie Schweine ein Lamm fraßen. „Ach, mein kleines Lämmlein“, rief er weinend aus, „wie lebhaft erinnerst du mich doch an den Tod meines Heilands!“
Franz Borgias, damals noch Herzog von Gandia, hegte auf seinen Jagden viele fromme Gedanken. „Wie seltsam“, meinte er, „dass die Falken auf die Faust zurückkehren, sich die Augen bedecken und sich an den Stock binden lassen, während die Menschen gegen die Stimme Gottes so widerspenstig sind.“
Der große Basilius sagte, dass die Rose inmitten der Dornen den Menschen folgende Lehre gebe: „Auch das Angenehmste auf dieser Welt, o Sterblicher, ist mit dem Schmerzlichen verbunden; keine Freude ist ungetrübt: Leid folgt auf Fröhlichkeit, Witwenschaft auf die Ehe, Sorge auf Überfluss, Schande auf Ruhm, Verlust auf Ehren, Überdruss auf Entzücken und Krankheit auf Gesundheit. Die Rose ist eine schöne Blume“, sagte der Heilige weiter, „aber ich werde immer traurig, wenn ich sie sehe, denn sie erinnert mich an die Sünde; durch sie wurde die Erde verurteilt, Dornen zu tragen.“
Ein frommer Mensch sah die Sterne sich bei heller Nacht in einem Bach spiegeln und sagte: „Mein Gott, diese Sterne werden mir zu Füßen liegen, wenn Du mich in Dein heiliges Zelt aufgenommen hast. Wie die Sterne ihren Schein auf die Erde werfen, so werden sich im Himmel die irdischen Menschen in dem lebendigen Quell der göttlichen Liebe spiegeln.“
Ein anderer rief beim Anblick eines dahinströmenden Flusses aus: „Meine Seele wird keine Ruhe finden, bis sie sich im Meer der Gottheit verloren hat, wo ihr Ursprung ist.“
Die hl. Franziska wurde beim Betrachten eines lieblichen Baches, an dessen Ufer sie zum Beten niedergekniete, zur Verzückung hingerissen und rief immer wieder: „Die Gnade meines Gottes fließt so still und mild dahin wie dieses Bächlein.“
Ein anderer klagte beim Anblick blühender Bäume: „Warum stehe ich allein blütenlos im Garten der Kirche?“ Wieder ein anderer sagte beim Anblick der Kücken unter den Fittichen der Henne: „O Herr, behüte mich im Schatten Deiner Fittiche!“ (Ps 17,8), ein dritter beim Anblick der Sonnenblume: „Wann wird sich meine Seele Deiner Güte erschließen?“, und beim Anblick der wohl schönen, aber geruchlosen Stiefmütterchen: „So sind leider meine Erkenntnisse: schön in Worte gefasst, aber ohne Frucht und Wirkung.“
Siehst du, so schöpft man gute Gedanken und heilige Stoßgebete aus allem, was uns im Laufe dieses sterblichen Lebens begegnet. Unselig, wen die Geschöpfe von ihrem Schöpfer weg zur Sünde hinziehen; selig aber, wer die Geschöpfe zur Ehre ihres Schöpfers hinlenkt und mit ihrer Geringfügigkeit die Wahrheit verherrlicht. „Ich pflege alles zu meinem geistlichen Nutzen zu gebrauchen“, sagte Gregor von Nazianz. Lies die fromme Grabschrift, die der hl. Hieronymus der hl. Paula gesetzt; sie ist durchwoben von heiligen Gebeten und Gedanken, die sie bei allen Gelegenheiten erweckte.
In dieser Übung der geistlichen Einsamkeit und der kurzen Herzenserhebungen zu Gott besteht das große Werk der Frömmigkeit. Sie kann im Notfall alle übrigen Gebete ersetzen, ihre Unterlassung kann aber kaum durch irgendetwas gutgemacht werden. Ohne sie kann man nicht gut ein beschauliches Leben führen, ohne sie wird man auch die Pflichten des täglichen Lebens nur sehr mangelhaft erfüllen. Ohne sie wird Ruhe zur Trägheit und Arbeit zur Last. Deshalb beschwöre ich dich, wende dieser Übung die größte Sorgfalt zu und lasse niemals davon ab.

 

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