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21. Kapitel
Wie soll man kommunizieren?
Beginne schon am Vorabend, dich auf die heilige Kommunion vorzubereiten durch häufige herzliche, liebevolle Stoßgebete. Geh früh zu Bett, um früh aufstehen zu können. Wachst du während der Nacht auf, dann lass Herz und Mund überströmen von innigen Gebetsworten, damit deine Seele würdig werde, den göttlichen Bräutigam zu empfangen; ihn, der wacht, während du schläfst, und sich anschickt, dich mit seinen Gnaden und Gaben reich zu beschenken, wenn du nur bereit bist, sie aufzunehmen.
Am Morgen erhebe dich voll Freude beim Gedanken an die Seligkeit, die deiner harrt; nachdem du gebeichtet hast, empfange voll Vertrauen aber auch voll Demut diese himmlische Speise, die dich für die Unsterblichkeit nährt. Nachdem du die heiligen Worte: „O Herr, ich bin nicht würdig“ gesprochen, bewege weder Kopf noch Lippen, um zu beten, sondern öffne ruhig und bescheiden deinen Mund, erhebe deinen Kopf so weit, um den Priester bei seiner heiligen Handlung zu unterstützen, und empfange voll Glauben, Hoffnung und Liebe IHN, an den du glaubst, auf den du hoffst, den du liebst, der Gegenstand, Ursache und Ziel dieser drei göttlichen Tugenden ist. Die Biene sammelt auf den Blumen Himmelstau und saugt aus ihnen die feinste Süßigkeit der Erde, verwandelt beides in Honig und trägt es in den Bienenkorb. So nimmt auch der Priester vom Altar den Heiland der Welt, den wahren Gottessohn, der wie Himmelstau von oben kam und als Sohn der Jungfrau wie eine Blume aus unserer irdischen Menschheit hervorspross, und legt ihn als köstliche Speise dir in Mund und Herz.
Hast du ihn empfangen, dann rege dein Herz an, diesem König des Heils zu huldigen. Besprich mit ihm deine Seelenanliegen, betrachte ihn in dir, da er zu dir kam, um dich zu beglücken. Bereite ihm den schönsten Empfang, dessen du fähig bist, und verhalte dich so, dass man an jeder Handlung sieht: Gott ist bei dir.
Kannst du in der heiligen Messe nicht wirklich kommunizieren, dann tu es wenigstens dem Herzen und dem Geiste nach, indem du voll heißer Sehnsucht dich mit dem Leben spendenden Leib des Heilands vereinigst.
Dein großes Anliegen bei der heiligen Kommunion sei, dich in der Gottesliebe weiter zu vertiefen, zu bestärken und durch sie froher zu werden. Denn die Liebe soll dein Ziel sein, wenn du Den empfängst, der sich einzig aus Liebe hingibt. Nein, man kann sich keine liebevollere und zärtlichere Tat des Heilands vorstellen als jene, durch die er sich sozusagen vernichtet, zur Speise herabwürdigt, um unsere Seele zu durchdringen und sich aufs innigste mit dem Herzen und dem Leib seiner Gläubigen zu vereinigen.
Fragen dich weltlich Gesinnte, warum du so oft kommunizierst, dann antworte ihnen: um Gott lieben zu lernen, um dich von deinen Unvollkommenheiten zu reinigen, von deinen Armseligkeiten zu befreien, in deinen Sorgen Trost zu finden und in deinen Schwächen eine Stütze zu haben. Sag ihnen, zwei Arten von Menschen müssten oft kommunizieren: Die Vollkommenen – da sie in der rechten Verfassung sind, wäre es ein Unrecht, wollten sie dem Born der Vollkommenheit fernbleiben – und die Unvollkommenen, um erst recht nach Vollkommenheit streben zu können; also die Starken, damit sie nicht schwach werden, und die Schwachen, damit sie stark werden; die Kranken, um gesund zu werden, und die Gesunden, um nicht krank zu werden. Somit müsstest du als unvollkommener, schwacher, kranker Mensch dich oft mit deiner Vollkommenheit, deiner Kraft und deinem Arzt vereinigen.
Sag ihnen: jene, die nicht viel mit irdischen Dingen zu tun haben, sollten oft zum Tisch des Herrn gehen, weil sich ihnen Zeit und Möglichkeit dafür bietet; aber auch jene, die viel von weltlichen Geschäften in Anspruch genommen sind, weil sie es notwendig haben; denn wer hart arbeitet und schwere Lasten trägt, muss oft und kräftig essen. Sag ihnen, du empfängst das heilige Sakrament, um es gut empfangen zu lernen, denn nur durch Übung lerne man eine Handlung gut auszuführen.
Empfange also den Heiland oft, sooft du es nach der Weisung deines geistlichen Vaters tun kannst. Glaube mir, die Hasen werden im Schnee weiß, weil sie nichts anderes sehen und am Schnee schlecken; so wirst auch du ganz schön, ganz gut und ganz rein werden, wenn du immer wieder die verkörperte Schönheit, Güte und Reinheit im göttlichen Sakrament anbetest und in dich aufnimmst.
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