Verschiedene Weisungen über die Übung der Tugenden
Dritter Teil
     
 

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34. Kapitel
Wann darf man spielen und tanzen?

Man darf spielen und tanzen zur Erholung, nicht aber aus Leidenschaft; nur kurze Zeit, nicht aber bis zur Ermattung und Erschöpfung; selten, denn die Gewohnheit macht aus der Erholung eine Beschäftigung.
Bei welcher Gelegenheit darf man spielen und tanzen? Ein vernünftiger Anlass zu Tanz und erlaubtem Spiel ergibt sich häufiger als zu verbotenem Glücksspiel, das außerdem viel verwerflicher und gefährlicher ist. Mit einem Wort: Spiele und tanze, wie ich oben angeführt habe, wenn Klugheit und Takt es anraten, um einer anständigen Gesellschaft einen Gefallen zu erweisen und ihrem Wunsch zu entsprechen; denn die Nachgiebigkeit, ein Kind der Liebe, macht gut, was an sich gleichgültig, und erlaubt, was gefährlich ist. Sie kann sogar manchen Handlungen das Schlechte nehmen, wenn sie nur in bestimmter Hinsicht schlecht sind; so könnten Glücksspiele angebracht sein, die sonst zu verurteilen wären, wenn gerechtfertigte Nachgiebigkeit uns dazu veranlasst.
Es war mir eine Freude, im Leben des hl. Karl Borromäus zu lesen, dass er sich den Gewohnheiten der Schweizer in Dingen anpasste, in denen er sonst sehr streng war. Der hl. Ignatius von Loyola nahm ebenfalls eine Einladung zum Spielen an. Die hl. Elisabeth von Thüringen spielte und tanzte in fröhlicher Gesellschaft ohne Schaden für ihre Frömmigkeit, die in ihrer Seele so kräftig verwurzelt war, dass sie ebenso hoch über allem Prunk und alle Eitelkeit erhaben war, denen das Hofleben sie aussetzte, wie die Felsen am See von Riette sich über die Wellen erheben, die sie umbranden. Große Feuer flammen im Wind auf, kleine löscht der Wind aus, wenn man sie nicht schützt.

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